Ein Schülerbericht von Emily Martens und Jonathan Bartsch (11. Jahrgangsstufe)
Um 5:30 Uhr – viel zu früh für die meisten – trafen wir uns alle am Hauptbahnhof Passau. Nach einer kurzen Verabschiedung von den Eltern und dem Kauf der letzten Verpflegung ging es los mit dem Bus Richtung Graz. Vor uns lagen fünf Stunden Fahrt, die einige von uns schlafend verbrachten.
Gegen halb elf Uhr kamen wir an und machten uns mit unserem „Navi-Team“, bestehend aus Luca und Hannes, auf den Weg zu unserem ersten Stopp: dem Gymnasium Pestalozzi. Dort stellten wir unsere Koffer ab und bekamen sofort die erste Aufgabe ins Skizzenbuch: Ein architektonisch interessantes Gebäude zu zeichnen, im Vordergrund ein Zweig oder Ast. „Urban Sketching“ sollte uns die nächsten Tage begleiten.
Gleich danach trafen wir die Schülerinnen und Schüler aus Graz, die uns herzlich willkommen hießen. Wir veranstalteten kleine Wettbewerbe, wer den höchsten Turm bauen konnte, spielten Kennenlern- und Gedächtnisspiele und präsentierten den Zwischenstand unseres P-Seminar-Projekts. Graz ist UNESCO-Weltkulturerbe und bekannt für seine außergewöhnliche und einzigartige Dachlandschaft, die unsere zweite Skizzenbuch-Aufgabe inspirierte. Wir zeichneten eine Stunde lang Dächer und architektonische Elemente, bevor wir das von Zaha Hadid designte Hotel „Argos“ bezogen. Dann hieß es „Ab in die L’Osteria!“: zeichnen, essen, plaudern, Freundschaften knüpfen und den Abend ausklingen lassen.
Am Dienstag kamen wir nach einer kurzen Fahrt mit den „Öffis“, natürlich geleitet von unserem Navi-Team, an der FH Graz an. Dort nahmen wir am Lehrstuhl für Architektur an einem vierstündigen Workshop teil. In österreichisch-deutschen Vierergruppen tüftelten wir an Ideen, wie man einem trostlosen Parkhaus in Graz neues Leben einhauchen könnte. Von Umbauten zu Wohnanlagen oder Fitnessoasen bis hin zu einem Streichelzoo auf dem Dach – die Vorschläge waren vielfältig. Nachhaltigkeit war ein wichtiger Aspekt, den im Detail zu berücksichtigen oft nicht leicht war. Nachdem wir unserer Kreativität freien Lauf gelassen haben und unsere Projekte von einem Architekturprofessor der FH begutachtet, gelobt und kritisiert wurden, war es Zeit für eine wohlverdiente Pause. Danach stand die Aufgabe an, Polaroidbilder so zu schießen, dass sich eine Kante oder Linie durch mehrere Fotos zieht und alle sechs Bilder miteinander verbunden sind. Dies erwies sich für Debütfotografen schwieriger als erwartet, aber nach ein paar Fehlschüssen und Missverständnissen wurde die Aufgabe souverän erledigt.
Anschließend nahmen wir das Hotel Argos genau unter die Lupe: Boden, Wände, Außenfassade und Grundriss der Zimmer wurden kritisch betrachtet. Die dazugehörige Umfrage war zweiteilig: einmal vor unserer Ankunft in Graz und einmal während unseres Aufenthalts.
Am Mittwoch starteten wir im „Kunsthaus Graz“ und sahen viele bekannte Sehenswürdigkeiten, darunter spannende Gebäude und eine Schneemann-Skulptur mit einer sprudelnden Pfütze darunter. Vor Ort begann die Führung und Interpretation, was das Kunsthaus darstellen sollte. Eine klare Antwort gibt es nicht, und genau das macht es besonders: Jeder kann interpretieren, was er sieht, und eine individuelle Sichtweise entwickeln.
In der Ausstellung „Sol LeWitt’s Wall“ erlebten wir verschiedene Ausstellungsstücke mit all unseren Sinnen. In einem Raum mit schrägen Wänden konnten wir tasten, hören, riechen und sehen. Zeichnen im Skizzenbuch stand ebenfalls auf der Agenda. Nach der Führung und den Maleinheiten sollten wir mit einem Stadtplan aus Florenz Wege in Graz gehen und diese fotografisch dokumentieren. Zunächst verwirrend, erkundeten wir so durch Zufall interessante Orte. Jeder durfte ein Polaroid von der Murinsel machen, und wir verglichen schließlich bei Kaffee und Kuchen die Ergebnisse. Wir sprachen über die vielseitige Nutzung der Murinsel, die wir dank der Informationen von der FH aus einer neuen, breiteren Perspektive wahrnehmen konnten. Wir sammelten Zitate und machten neue Skizzen, basierend auf unseren frisch erworbenen Architekturbüchern. Nach und nach füllten sich unsere Skizzenbücher mit Eintrittskarten, Postkarten, Zeichnungen, Zitaten und vielem mehr.
Am Abend ging es weiter zum Schlossberg, den wir mit der Schlossbergbahn erklommen. Oben beobachteten wir den Sonnenuntergang und die einzigartige Dachlandschaft. Unser letzter Abend endete mit einem kurzen Fotokurs zur blauen Stunde und wie man diese perfekt festhalten kann.
Am Donnerstag mussten wir uns leider von Graz verabschieden. Bevor das geschah, begaben wir uns vom Hotel aus ein letztes Mal zu unserer Partnerschule und reflektierten gemeinsam über die vergangenen Tage bei einem gemeinsamen Frühstück. Wir verglichen Skizzenbücher, lachten viel, aßen und tauschten uns aus. Schließlich traten wir unsere fünfstündige Heimreise an.
Vielen Dank an alle motivierten und offenen Schülerinnen und Schüler, die diese Reise zu etwas Besonderem gemacht haben. Danke an die beiden Gymnasien, die sowohl Zeit als auch Arbeit in dieses Projekt investiert haben. Danke an die Erasmus-Förderung, die uns diese Reise finanziell ermöglicht hat. Und ein besonderer Dank geht an unsere Lehrkräfte, die uns durch ihre Motivation und gute Laune mitgerissen, uns viele Freiheiten ermöglicht und die Organisation dieser Exkursion übernommen haben. DANKE, dass wir diese Erfahrungen miteinander erleben konnten!