Der Moldau auf der Spur

Nachdem eine Schülergruppe aus Krumau vor einem Jahr beim Schüleraustausch gemeinsam mit ihren Untergriesbacher Partner im Rahmen des Themas „Donau und Moldau – Leben an zwei Strömen“ die Donau mit einem Schwerpunkt auf der Römerzeit erkundet hatte, fand nun, über Erasmus+ kofinanziert von der Europäischen Union, der Gegenbesuch in Krumau statt. Eine Woche lang stand die Moldau im Mittelpunkt – in ihrer wirtschaftlichen und damit vor allem touristischen Bedeutung für die Grenzregion wie auch als wesentlicher Faktor für die Energieversorgung. Ilona Šulistová und Jaroslava Talířová vom Gymnasium Krumau hatten in Abstimmung mit Markus Schlager, der die kleine Untergriesbacher Gruppe aus der 10. und 11. Klasse begleitete, ein entsprechendes Programm zusammengestellt.

Nach dem freudigen Wiedersehen und einem gemeinsamen Unterrichtsbesuch wurden beide Themenkreise gleich am ersten Tag bei der obligatorischen Stadtführung mit dem Krumauer Geschichtslehrer Jan Palkovič offenbar – die geographische Besonderheit der „krummen Au“ der mäandernden Moldau, die die Entstehung von Burg und Stadt bedingte, und die historische Nutzung der Kraft des Flusses mit den Stauwehren und Mühlen. Gleichzeitig erlebten die Schülerinnen und Schüler auch die Problematik, die sich aus der touristischen Attraktivität dieses Unesco-Weltkulturerbes ergibt: eine Altstadt nahezu ohne gewöhnliche Läden des täglichen Bedarfes, weil dort kaum mehr Einheimische wohnen, oder am Beispiel des Freilufttheaters mit drehbarem Zuschauerraum im Schlossgarten die Einschränkungen für die Stadtentwicklung, die sich aus dem Kulturerbestatus ergeben.

Am zweiten Tag ging es an den Moldaustausee nach Lipno, wo die Gruppe anhand des dortigen Baumwipfelpfades sehen konnte, wie eine Gemeinde versucht, ihre Attraktivität auch grenzüberschreitend zu erhöhen. Eine Besichtigung des dortigen Wasserkraftwerkes war leider nicht möglich, aber auf einer Schifffahrt auf dem größten Stausee ganz Tschechiens wurden die wesentlichen Informationen zu seiner Geschichte und Bedeutung vermittelt.

Tags darauf stand das Kernkraftwerk Temelin unweit von Budweis im Mittelpunkt, das mit dem Wasser der mehrere Kilometer entfernten Moldau gekühlt wird und 20% des elektrischen Energiebedarfs des Landes deckt. Nach einer Besichtigung der weltbekannten Brauerei waren alle gespannt, was sie im Informationszentrum des Kernkraftwerkes wohl zu sehen bekommen würden. Nach einem sehr informativen Einführungsfilm zur Funktionsweise von Kernkraftwerken beeindruckte eine virtuelle Kraftwerksführung mit VR-Brillen inklusive Flug durch den Kühlturm. Auffällig war freilich, wie plakativ Sonnen- und Windenergie als unzuverlässige Energiequellen und die Kernenergie als Lösung aller Probleme dargestellt wurden, wie unproblematisch die Frage der Endlagerung abgetan wurde und wie sehr der Fokus darauf lag, dass ein Kernkraftwerk nur sehr geringe „Brennstoff“-Mengen in Form winziger Tabletten benötige, die man künftig vielleicht sogar noch wiederaufarbeiten könne. Auch die „I love Kernenergie“- Aufkleber auf den VR-Brillen bleiben zu hinterfragen.

Die Moldau in ihrer ursprünglichen Form durften die Schülerinnen und Schüler, von denen einige zum ersten Mal überhaupt in Krumau waren, am nächsten Tag als eine Gruppe unter etlichen anderen bei einer Schlauchbootfahrt nach Goldenkron erleben. Hier zeigte sich schön, dass insbesondere durch das von den Schülern eigenständig gestaltete Abendprogramm freundschaftliche Kontakte über die Grenze hinweg entstanden sind.

Am letzten Tag endete das Programm, wo es seinen Anfang genommen hatte – im historischen Krumau. Gemeinsam mit der Gruppe besichtigte Frau Dr. Kreipl das Schloss sowie das einzigartige dortige Barocktheater. Sie war zu einem „Antrittsbesuch“ nach Krumau gekommen und zuvor kurz, aber herzlich von der Krumauer Schulleiterin Hana Bůžková und ihrem Stellvertreter Stanislav Waldauf empfangen worden. Beide Seiten waren sich einig, die langjährige Zusammenarbeit der Gymnasien Untergriesbach und Krumau weiter ausbauen zu wollen.