Bundesweiter Vorlesetag wird zu besonderem Ereignis

Der bundesweite Vorlesetag wurde durch das P-Seminar Schulbibliothek und die Schülergruppe „Junge Bibliothekare“ zu einem besonderen Ereignis

Die Schülerinnen und Schüler der 5. Jahrgangsstufe durften eine von den Jungen Bibliothekaren abwechslungsreich gestaltete Vorlesestunde genießen. Im Zentrum stand Saša Stanišić Jugendroman „Wolf“, ein feinfühliges Jugendbuch zum Thema Mobbing, Wegsehen beziehungsweise Schweigen der Mehrheit.

Um die Zuhörerinnen und Zuhörer einzustimmen, lasen die Jungen Bibliothekare zunächst aus Katharina Reschkes, Volle Fahrt ins Abenteuer. Dieses Buch, das die jungen Zuhörerinnen und Zuhörer größtenteils als Geschenk zum Welttag des Buches erhalten hatten, war den Fünftklässlern bereits bekannt. Neben dem Vorlesen mit verteilten Rollen, war es den Jungen Bibliothekaren wichtig, die Zuhörer aktiv einzubinden. Mit Gesang und Gitarrenklängen (Lena Sicklinger an der Gitarre), einem zeichenanimierten Kräuterraten (Marit Dierckxsens an der Flipchart) und einer abschließenden Geräuschpantomime ließen die Jungen Bibliothekare einen Hauch von Lagerfeuer- und Ferienfreizeitromantik entstehen.

Die Mädchen und Jungen der 9. Jahrgangsstufe tauchten in die fesselnde Welt von Sarah Crossans Roman “Toffee” ein, der Themen wie Demenz, aber auch häusliche Gewalt und Alkoholkonsum behandelt. Dabei stellten die Schülerinnen und Schüler des P-Seminar Schulbibliothek nicht nur den außergewöhnlichen Jugendroman vor, sondern lieferten den Zuhörerinnen und Zuhörern auch die nötigen Hintergrundinformationen zum Thema Demenz. Die dramatischen Auswirkungen der Demenzerkrankung veranschaulichten sie anhand eines Ausschnitts aus Til Schweigers Tragikomödie „Honig im Kopf“ aus dem Jahr 2014. In abschließenden kreativen Simulationen konnten die Schülerinnen und Schüler am eigenen Leib erfahren, was es heißt, rund 90 % seines Sehvermögens einzubüßen und auf einen Großteil seiner Feinmotorik verzichten zu müssen.

Über eine Million Teilnehmerinnen und Teilnehmer zählte der Bundesweite Vorlesetag 2023, vielen Dank unseren Zuhörerinnen und Zuhörern, ein großes Kompliment an alle Akteure und Vorleserinnen und Vorleser. Vorlesen verbindet und schafft Gemeinschaft – das habt ihr eindrücklich unter Beweis gestellt.

Text: Leonie Veit, 10a, Helena Lang und Anja Rosenberger, 11b

Folgende Weitererzählungen entstanden aus Schülerhand:

Saša Stanišić, „Wolf“

Ich liege im Dunkeln und bin irgendwie traurig. So ein bisschen mit Kloß im Hals sogar. Nicht wegen Jörg. Nicht wegen Wandern. Nicht wegen dummer Natur. Sicher nicht wegen Kartoffeln. Ich weiß nicht weswegen.

Ich höre jedes Geräusch, das die Natur so produzieren kann in einer lauen Nacht im Wald, und das ist eine Menge Geräusch. Etwas Mondlicht fällt durch das Fenster, und unter dem Fenster sitzt ein Wolf.

Ich seufzte und ging wieder ins Bett. Doch leider schnarchte Jörg schon wieder sehr laut. „Kann der nicht einmal Ruhe geben? So kann man doch nicht einschlafen!“, schimpfte ich leise in die geräuschvolle Stille hinein. Ich dachte noch einmal an den Wolf. Was er wohl unter dem Fenster wollte? Wölfe sind doch Rudeltiere, normalerweise suchen sie gar nicht die Nähe zu Menschen. Doch je mehr ich drüber nachdachte, desto müder wurde ich. Schließlich fielen mir die Augen zu. Am nächsten Tag unterhielt ich mich mit Jörg. Was könnten wir wohl unternehmen? „Wie wäre es, wenn wir zu einer Höhle gehen?“, schlug Jörg vor. „Nee! Wie wäre es mit Klettern?“, meinte ich. Schließlich einigten wir uns auf Wandern. Mit ausreichend Proviant in unseren Rucksäcken machten wir uns auf den Weg. Der Aufstieg nahm viel Zeit in Anspruch. Ein Blick auf die Armbanduhr drängte uns, den Rückweg anzutreten, es war bereits halb vier.

Auf einmal raschelte es im Unterholz. Ich drehte mich um. Doch da war nichts. „Ich hätte schwören können, dass sich da etwas bewegt hat!“ Tatsächlich, nun blitzten uns zwei lauernde Augen an. Wir zitterten am ganzen Körper. Knurrend, die Zähne drohend fletschend näherte sich der …Wolf! Sofort sprangen wir auf und flohen in den dunklen Wald. Vor uns ein Abhang, wir nahmen ihn erst wahr, als wir bereits hinabschlitterten. Eine Wurzel bremste unsere rasante Fahrt nach unten. Unter unserem Gewicht löste sie sich aus dem Erdreich, wir rutschten weiter und landeten schließlich auf einem Felsvorsprung.

Angsterfüllt wagten wir einen Blick nach oben! Unter uns der kalte Bach! In diesem Moment setzte der Wolf zum Sprung in unsere Richtung an, verfehlte den Felsvorsprung und stürzte in den Bach. Nach zahlreichen Versuche gelang es ihm, sich auf den Felsen zu retten. Wie gebannt beobachteten wir das scheinbar gefährliche Tier, das nun so hilflos wirkte. Was wäre, wenn wir dem Tier helfen würden? Würden wir den Wolf vielleicht sogar zähmen können. Unsere Angst war verflogen.

Jäh wurde diese wunderbare Vorstellung beendet. Die Betreuer der Waldfreizeit starteten den morgendlichen Weckdienst mit dem üblichen Wolfsgeheul.

Nach einer Idee von Lena Elmenreich, Ida Erhard und Susanna Krumpholz, Klasse 5d

Saša Stanišić, „Wolf“

Ich liege im Dunkeln und bin irgendwie traurig. So ein bisschen mit Kloß im Hals sogar. Nicht wegen Jörg. Nicht wegen Wandern. Nicht wegen dummer Natur. Sicher nicht wegen Kartoffeln. Ich weiß nicht weswegen.

Ich höre jedes Geräusch, das die Natur so produzieren kann in einer lauen Nacht im Wald, und das ist eine Menge Geräusch. Etwas Mondlicht fällt durch das Fenster, und unter dem Fenster sitzt ein Wolf.

Der Wolf war silbern und glänzte im Mondlicht. Er wandte seinen Kopf und schaute zu mir hinauf. Einen Moment sah er mir direkt in die Augen. Ich hatte fürchterliche Angst. Fieberhaft dachte ich nach: Was sollte ich nur tun, wenn er durch das Fenster springt? Doch ich konnte nicht lange nachdenken, denn im selben Moment setzte der Wolf bereits zu seinem Sprung an. Das Blut gefror mir in den Adern. Unverwandt starrte mich der Wolf an. Sollte ich Jörg wecken, um ihm zu sagen, dass vor unserem Stockbett ein Wolf saß? Nein, Jörg würde mich auslachen und nur für einen Angsthasen halten. Schon sprang der Wolf auf mein Bett, ich hingegen fiel vor Schreck auf den harten Hüttenboden. Wie versteinert versuchte ich mich mit dem Boden zu verschrauben, um so einem möglichen Angriff des Wolfes standhalten zu können. Während ich jede Faser meines Körpers anspannte und das Gesicht fest gegen den kalten Holzboden drückte, spürte ich bereits etwas in meinem Nacken. Schon machte ich mich auf die unausweichlichen Schmerzen gefasst.

„Was ist denn mit dir, hast du schlecht geträumt?“ Jörgs Stimme holte mich in die Wirklichkeit zurück. Den Wolf gab es wohl nur in meinen Träumen.

Nach einer Idee von Hanna Kainberger, Klasse 5c